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"Nur mal kurz aufs Handy schauen" - warum Handysucht mehr ist als nur eine schlechte Gewohnheit

  • Autorenbild: Helena Heinen
    Helena Heinen
  • 10. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

„Ich schaue nur kurz aufs Handy“ – und eine halbe Stunde ist vergangen. Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann sind Sie nicht allein. Immer mehr Menschen berichten, dass sie ihr Smartphone ständig in der Hand haben, sich ohne unruhig fühlen oder es sogar reflexartig entsperren – ohne konkreten Anlass.

Doch ab wann sprechen wir eigentlich von einer Sucht? Und was genau passiert dabei im Gehirn?


Wie Handysucht entsteht

Unsere Handynutzung ist eng mit dem Belohnungssystem im Gehirn verbunden. Immer wenn Sie z. B. eine neue Nachricht lesen, ein „Gefällt mir“ sehen oder durch Social Media scrollen, wird der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet. Dopamin sorgt für ein kurzfristiges gutes Gefühl – eine Art „Mini-Belohnung“. Das Gehirn speichert diesen Zusammenhang ab: „Das hat sich gut angefühlt – das will ich wieder!“ Der Mechanismus ist derselbe, der auch bei vielen Suchtmitteln, wie z.B. Kokain und anderen Drogen eine Rolle spielt. Bei der Handynutzung sind die Dopaminkicks kleiner, dafür aber extrem häufig und leicht verfügbar – und das kann langfristig ebenfalls zu einer Art Abhängigkeit führen. Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn an den ständigen Dopaminfluss: Die Rezeptoren reagieren weniger empfindlich, und wir brauchen mehr Reize oder längere Nutzung, um denselben Effekt zu spüren. (Quelle: Stanford Medicine)


Das Entscheidende: Dopamin wird nicht nur dann ausgeschüttet, wenn wir etwas Angenehmes erleben, sondern vor allem dann, wenn wir eine Belohnung erwarten. Das heißt, schon die Vorfreude auf eine mögliche interessante Nachricht kann einen kleinen „Kick“ auslösen.

Was es besonders schwer macht, das Handy wegzulegen ist, dass das Belohnungssystem besonders stark auf sogenannte variable Verstärkung reagiert. Wir wissen nie, ob die nächste Scroll-Bewegung oder das nächste Entsperren des Bildschirms etwas Spannendes bringt – genau wie beim Glücksspielautomaten. Diese Unvorhersehbarkeit aktiviert das Belohnungssystem besonders stark.

Im Grunde tragen wir also einen Mini-Spielautomaten in der Hosentasche, der jederzeit bereit ist, kleine, schnelle Belohnungen zu liefern. App-Algorithmen nutzen diesen Effekt gezielt aus, um User möglichst lange in der App zu halten.


Ist meine Handynutzung noch normal oder schon problematisch?

Der Übergang zwischen normaler Handynutzung und problematischer Nutzung ist fließend. Ein Warnsignal kann sein, wenn Sie das Smartphone nutzen, um unangenehme Gefühle wie Langeweile, Einsamkeit oder Stress zu vermeiden. Auch wenn Sie sich beim Versuch, das Handy wegzulegen, unruhig oder gereizt fühlen, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die Nutzung außer Kontrolle gerät.


Erste Anzeichen für die Entwicklung einer Handysucht:

  • Sie fühlen sich unruhig, gereizt oder „fehl am Platz“, wenn Sie das Handy nicht griffbereit haben.

  • Sie schauen häufiger aufs Smartphone, als Sie eigentlich wollen – auch in unpassenden Situationen (z. B. im Gespräch, beim Essen, vor dem Einschlafen).

  • Sie verlieren regelmäßig das Zeitgefühl beim Nutzen des Handys.

  • Sie merken, dass andere Bereiche Ihres Lebens (Schlaf, Arbeit, Beziehungen) unter der Nutzung leiden.

  • Sie greifen zum Handy, um unangenehme Gefühle wie Langeweile, Stress oder Einsamkeit zu vermeiden.

  • Sie nehmen sich vor, weniger zu nutzen, schaffen es aber nicht, das konsequent umzusetzen.

Teenager sitzt mit Handy auf dem Sofa

6 Schritte für eine gesündere Handynutzung


1. Bewusstsein schaffen: Führen Sie für ein paar Tage ein kleines „Handy-Tagebuch“. Notieren Sie, wie oft und wie lange Sie das Smartphone nutzen. Schon allein, das schwarz auf weiß zu sehen, kann ein echter Augenöffner sein.


2. Auslöser erkennen: Fragen Sie sich ehrlich: Warum greife ich gerade zum Handy? Ist es Langeweile, reine Gewohnheit oder der Versuch, unangenehme Gefühle zu vermeiden?


3. Nutzungszeiten festlegen: Planen Sie feste „handyfreie Zonen“ im Tagesablauf ein – etwa die erste Stunde nach dem Aufstehen oder die letzte Stunde vor dem Schlafengehen.


4. Verlockungen reduzieren: Schalten Sie unnötige Push-Benachrichtigungen aus. Legen Sie das Handy außer Sicht- und Reichweite, wenn Sie konzentriert arbeiten oder entspannen möchten.


5. Angenehme Alternativen finden: Ersetzen Sie den Griff zum Smartphone durch kleine Wohlfühlmomente: Bewegung, Musik hören, ein gutes Buch oder ein kurzer Plausch mit jemandem.


6. Digital Detox ausprobieren: Nehmen Sie sich bewusst handyfreie Zeiten – zum Beispiel einen „Offline-Sonntag“. Selbst ein paar Stunden können helfen, den Kreislauf aus ständiger Nutzung zu durchbrechen.


Fazit

Das Smartphone ist ein wertvolles Werkzeug – doch wenn es anfängt, uns zu kontrollieren, statt umgekehrt, leidet oft unsere Lebensqualität. Kleine, bewusst gesetzte Veränderungen können helfen, wieder mehr Freiheit und Ruhe in den Alltag zu bringen.


Wenn Sie bei sich Anzeichen einer Handysucht erkennen und merken, dass es Ihnen schwerfällt, Ihre Gewohnheiten allein zu verändern oder die Nutzung eng mit Stress, Ängsten oder anderen Belastungen verknüpft ist, unterstütze ich Sie gerne individuell dabei, gesunde Strategien zu entwickeln.



Helena Heinen

Privatpraxis für Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz

Haingasse 20 | Bad Homburg v.d. Höhe


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